Fleisch direkt vermarkten – Wie gelingts?

Am 21. Oktober organisierte das IBLA eine Diskussionsrunde zum Thema „Direktvermarktung von Fleisch“ auf dem Karelshaff. Ungefähr 20 interessierte ErzeugerInnen und Privatpersonen fanden den Weg nach Colmar-Berg. Hier wurden sie zunächst von den beiden Betriebsleitern Jean-Louis und Greg Colling empfangen.

Eine attraktive Gestaltung der Produkte ist unerlässlich für eine erfolgreiche Vermarktung ab Hof.

Zunächst wurde ein Einblick in die Historie des Karelshaff gegeben: bis 1906 war der Hof im Besitz der großherzoglichen Familie und wurde vorwiegend als Jagdhaus genutzt. 1906 unterschrieb die Familie von Roesgen-Kauffman den Pachtvertrag und kaufte den Hof schließlich im Jahr 1949. Seit 2002 bewirtschaftet die Familie Colling-von Roesgen den Betrieb nach biologischen Richtlinien und hat sich auf die Direktvermarktung von Hähnchen- und Rindfleisch spezialisiert.

Im Anschluss präsentierten die Betriebsleiter die Räumlichkeiten, in denen das Rindfleisch zerlegt und verpackt wird. Hierbei betonte der Seniorchef die strengen Auflagen der Administration des Services Vétérinaires bei der Raumgestaltung und -ausstattung, die unbedingt eingehalten werden müssen. Zusätzlich ist ein lückenloses Hygienekonzept und äußerste Reinlichkeit unabdingbar, um die hohen Kundenerwartungen an die Lebensmittelsicherheit zu erfüllen.

Danach wurden die Teilnehmenden in ein ehemaliges Stallgebäude geführt, welches aufwendig renoviert wurde und sowohl die Kühlhäuser zur Lagerung der fertig verpackten Ware beinhaltet, als auch als Verkaufsraum dient. In gemütlicher Runde stellte Jean-Louis Colling zunächst die Vor- und Nachteile der Direktvermarktung heraus.

Die Direktvermarktung besitzt das Potenzial, den Fortbestand eines landwirtschaftlichen Betriebs zu sichern, ist allerdings auch extrem arbeitsintensiv. Hier sind es vor allem der hohe organisatorische und administrative Aufwand sowie die steigenden Kontrollen welche, neben dem Landwirtschaftsbetrieb, zusätzlichen Stress für BetriebsleiterInnen bedeuten. Daneben bietet die Direktvermarktung aber die Möglichkeit sich unabhängiger von den Vorgaben der Handelspartner zu machen und die gesamte Handelsspanne dem Betrieb zuzuführen. Diesem Vorteil steht allerdings entgegen, dass mit einer ständigen Kundenpräsenz auf dem Hof gerechnet werden muss. Deshalb sollte der Betrieb zu jedem Zeitpunkt sauber und einladend präsentiert werden, was zusätzliche Arbeit schafft. Der direkte Kontakt zur Kundschaft ermöglicht es LandwirtInnen, den Informationsfluss zwischen ProduzentInnen und KonsumentInnen selbst zu gestalten und dabei durch Fachkompetenz und Transparenz zu überzeugen. Dadurch wird eine Vertrauensbasis geschaffen, die zu einer engen Kundenbindung führt. Dafür müssen die mitunter sehr unterschiedlichen Kundenbedürfnisse bedient werden, etwa die Abholung von Ware außerhalb der Verkaufszeit oder eine sehr zeitaufwendige Beratung. Zudem gestaltet sich die Anwerbung neuer KundInnen komplex, da die Nähe zu Ballungsgebieten häufig fehlt und man dadurch wenig direkten Kontakt zu potenziellen Kunden aufbauen kann. Um seine Zielgruppe dennoch zu erreichen, verdeutlichte Greg Colling wie wichtig und zeitaufwendig eine gelungene Präsenz in den sozialen Medien wie Facebook oder Instagram, aber auch der Aufbau einer attraktiven Webseite ist. 

Die Disskussion wird lebhaft geführt – nichts geht über den persönlichen Austausch.

Letztendlich ist der Einstieg in die Direktvermarktung eine betriebsindivduelle Entscheidung. Deshalb sollten sich BetriebleiterInnen bereits im Voraus Gedanken machen, ob sie für die zusätzliche Belastung bereit sind. Zudem sollte ein Konzept ausgearbeitet werden, welche Zielgruppen wie erreicht werden und womit man sich von der Konkurrenz abgrenzt. Auch ein Finanzplan ist sinnvoll, da auch der Einstieg in die Direktvermarktung immer mit Investitionskosten verbunden ist.

Das IBLA bedankt sich bei den Teilnehmenden für die vielen interessanten Fragen und bei Jean-Louis und Greg Colling für die gelungene Veranstaltung!

von Philip Barth & Ben Mangen