IBLA Projekt Leguminosen-Wertschöpfungsketten mit ersten Ergebnissen
2024 war kein einfaches Jahr für Körnerleguminosen wie Kichererbsen, Saubohnen und Linsen. Hohe Niederschlagsmengen während der gesamten Vegetationsperiode sorgten für Konkurrenz durch Beikraut in den Beständen und förderten Pilz- und Schädlingsbefall. Im Projekt Leguminosen-Wertschöpfungsketten untersucht das IBLA wie der Anbau von Körnerleguminosen für die Humanernährung ausgeweitet, die Weiterverarbeitung gewährleistet und die Vermarktung gesichert werden kann.
Projektleiter Philip Barth zieht insbesondere in Bezug auf die Linse trotz schwieriger Bedingungen eine positive Bilanz: „Die Linsen – das war eigentlich recht erfreulich – kommen mit der Feuchtigkeit gut klar. Das Problem waren eher die Starkregenfälle, weil die Linsen dadurch auf den Boden gedrückt wurden. Dort unten ist keine Luftzirkulation und dann fangen die Pflanzen an zu faulen.“
Ernte der Linsen auf einem IBLA-Partnerbetrieb im Spätsommer 2024 Bild: Philip Barth
Linsen sind bekannt dafür, dass sie mit mageren Standorten sowie heißen, trockenen Sommern gut umgehen können. Ein echter Pluspunkt in puncto Anpassung an den Klimawandel. Wer selbst Linsen anbauen möchte, wählt eher flachgründige Standorte mit neutralem oder erhöhtem pH-Wert. Staunässe oder verdichtete Standorte sind weniger geeignet für die Linse.
Körnerleguminosen können die Fruchtfolge sinnvoll erweitern. Da die Pflanzen ihre Stickstoffversorgung selbständig sichern, können sie problemlos nach stark zehrenden Kulturen wie Brotweizen ausgesät werden. Kleegras sowie andere Vorkulturen mit hohen Nmin-Restgehalten im Boden sind dagegen ungeeignet. Um den Beikrautdruck möglichst gering zu halten, empfiehlt es sich, die Fläche vor der Aussaat flach zu pflügen. Für die Aussaat sollte das Saatbeet fein bereitet und der Boden gut abgetrocknet sein. Die Aussaat sollte zwischen März und Ende April erfolgen. Neue Erkenntnisse der Universität Gießen zeigen, dass Linsen bei milden Wintertemperaturen bereits bei der Herbstaussaat ausgebracht werden können. Es gilt: Wenn optimale Bedingungen herrschen, ist ein früher Saatzeitpunkt ratsam. Je nach Befahrbarkeit der Fläche ist es dringend empfehlenswert, 2- 3 Wochen vor Aussaat der Linse ein „falsches Saatbeet“ zu bereiten. Dadurch können die ersten, auflaufenden Beikräuter durch eine Bodenbearbeitung bereits vor Aussaat der Linse am Wachstum gehindert werden. Dieses Vorgehen hat sich in Versuchen mit anderen Körnerleguminosen u.a. Soja als effektive Beikrautregulierungsmaßnahme etabliert. Bei steinigen Standorten ist nach Aussaat der Einsatz einer Walze empfehlenswert (nur bei trockenen Bedingungen!), um Steine an der Oberfläche möglichst tief in den Boden zu drücken, damit das Schneidwerk während der Ernte so tief wie möglich geführt werden kann. Das „Blindstriegeln“ direkt nach der Aussaat ist möglich, wobei der Mehrwert unter Luxemburger Bedingungen noch ermittelt werden muss.
In der Regel wird für den Linsenanbau eine Stützfrucht empfohlen (z.B. Leindotter, Hafer, Gerste). Die Erfahrungen aus 2024 zeigen jedoch, dass die erhofften Vorteile durch den Stützfruchtanbau nur teilweise bestätigt werden können. Der Leindotter konnte sich auf keinem der Betriebe im Bestand etablieren, was evtl. an der hohen Bodenfeuchtigkeit im Frühjahr lag. Hingegen zeigte vor allem die Gerste bei den sommerlichen Starkregenereignissen ihre stützende Wirkung und verhinderte, dass die Linsen flach auf den Boden gedrückt wurden. Aufgrund der durchgehenden Niederschläge bei milden Temperaturen entwickelten die Linsen gute Bestände mit einem hohen Anteil an vegetativem Pflanzenmaterial. Empfehlungen aus Regionen mit mageren Böden und trockenerem Klima können also nicht 1:1 übertragen werden. Generell zeigte die Linse im Anbaujahr 2024 eine gute Fähigkeit zur Bodenbedeckung und konnte bis zum Starkregenereignis Ende Juni die Beikräuter gut unterdrücken.
Die größte Herausforderung bleibt die Ernte der Linse. Dichte Bestände steigern Fäulnisbefall und erschweren den Drusch, weshalb es 2024 je nach gewählter Erntetechnik zu hohen Ausfällen kam. Gemeinsam mit den Partnerbetrieben wird im Projekt an einer optimalen Vorgehensweise für die Ernte getüftelt. So zeigen erste Erfahrungen, dass das Mähen auf Schwad der Linsen, einige Tage vor dem Drusch, den Ernteertrag erhöhen kann. Insgesamt gab es 2024 massive Schwankungen im Ertrag, der zwischen 500 kg und 2 t pro Hektar lag.
Die Linsen müssen nach der Ernte innerhalb von zwei Tagen auf eine maximale Restfeuchte von 14 % getrocknet werden, um sie haltbar zu machen. Vor allem für biozertifizierte Ware gibt es in Luxemburg jedoch kaum geeignete Trocknungsanlagen. Nach der Trocknung erfolgt die aufwendige Aufbereitung des Ernteguts. Zunächst wird eine grobe Reinigung mithilfe eines Trieurs und eines Steinauslesers durchgeführt. Im Anschluss müssen die Linsen durch einen Farbausleser geprüft werden, um letzte Verunreinigungen sowie gebrochene und verfärbte Linsen auszusortieren. Erst im Anschluss kann die Ware abgesackt und zum Konsum angeboten werden.
Linsen eignen sich sehr gut für die Direktvermarktung, weil sie bei korrekter Trocknung bis zu 24 Monate haltbar sind und keinerlei Kühlung benötigen. Aber auch in der Gemeinschaftsverpflegung, vor allem in den Lycées, werden Körnerleguminosen als alternative Proteinquelle immer interessanter. Dies liegt vor allem am Wandel der Ernährungsgewohnheiten junger Menschen, die sich verstärkt fleischreduziert, vegetarisch oder vegan ernähren. Um diese Entwicklung aufzugreifen und einen Ersatz zu hochverarbeiteten Fleischersatzprodukten zu bieten, arbeitet das IBLA an Lösungen für die Herausforderungen einer funktionierenden Wertschöpfungskette für Körnerleguminosen auf nationaler Ebene.
Autoren: Philip Barth und Mathieu Wolter