Landwirtschaftliche Strukturen und Produktion
Im Luxemburger Süden sind weite Teile der Landesfläche bereits durch Siedlungsflächen besetzt und landesweit gingen in den vergangenen 30 Jahren mehr als 15 % der landwirtschaftlichen Flächen verloren. Konkrete Zahlen, wie viele landwirtschaftliche Betriebe im luxemburgischen Süden vorhanden sind, gibt es leider nicht. Recherchiert man jedoch zu dem Thema, so fällt auf, dass im Vergleich zum restlichen Luxemburg unterdurchschnittlich wenige Betriebe auftauchen. So finden sich von den 149 Biobetrieben nur etwa 10 im Süden des Landes. Diese landwirtschaftlichen Flächen werden von Milchvieh- und Mutterkuhbetrieben bewirtschaftet, mit einem hohen Anteil an Grünlandwirtschaft. Einige der Betriebe, vor allem die Biobetriebe, halten auch Legehennen. Für die geringe Anzahl an Betrieben gibt es jedoch eine große Diversität verschiedener Arten von landwirtschaftlichen Betrieben im luxemburgischen Süden. Es finden sich Höfe, die in solidarischer Landwirtschaft Bio-Gemüse erzeugen (Den Escher Geméisguart und Vum Gréis), pädagogische Angebote haben oder neben der Viehhaltung auch Saatgutvermehrung auf ihren Höfen betreiben. Darüber hinaus finden sich Imkereien sowie der Bongert Altenhoven, der größte Hochstammobstbaumbestand in Luxemburg, der 1998 zum nationalen Naturschutzgebiet ausgewiesen wurde.
Im Jahr 2021 gab es in Luxemburg insgesamt 1.869 landwirtschaftliche Betriebe. Diese Zahl ist seit Jahren rückläufig, so waren es im Jahr 2000 noch 2.728 landwirtschaftliche Betriebe. Das heißt, dass etwa ein Drittel der landwirtschaftlichen Betriebe in den vergangenen 20 Jahren nicht mehr weitergeführt wurde. Mehr als 95 % der Betriebe werden familiär geführt; sie bewirtschaften durchschnittlich 71,1 ha (MAVDR 2023). Luxemburg ist vor allem ein Grünlandstandort, denn die Hälfte des luxemburgischen Agrarlandes besteht aus Dauergrünland. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die meisten luxemburgischen Betriebe als Hauptwirtschaftszweig die Wiederkäuerhaltung haben. So gab es im Jahr 2002 fast 190.000 Rinder in Luxemburg. Hinzu kommen fast 80.000 Schweine und weitere 190.000 Hühner (MAVDR 2023). Nur zum Vergleich: Luxemburgs Einwohnerzahl liegt bei 661.000 Menschen (Statec, 2023a).
Seit vielen Jahren ist die Anzahl der Biobetriebe in Luxemburg steigend und mittlerweile bewirtschaften 149 Betriebe 5,6 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche Luxemburgs (MAVDR 2023). Diese Zahlen liegen weitab vom eigentlichen Regierungsziel: der Plan d’Action National „PAN-Bio 2025“ legte das Ziel fest, 20 % der landwirtschaftlichen Flächen bis 2025 nach den Kriterien des biologischen Landbaus zu bewirtschaften. Im Rahmen des Aktionsplans sollen Verarbeitungs- und Vermarktungsstrategien entwickelt werden, die es den Landwirten ermöglichen, der steigenden Nachfrage an biologisch produzierten Lebensmitteln, auch in Kantinen, gerecht zu werden (Koalitionsvertrag 2018-2023). Die biologische Landwirtschaft in Luxemburg ist von der Tierproduktion geprägt, insbesondere die Rinderhaltung zur Milch- und Fleischerzeugung spielt hierbei eine besondere Rolle (MAVDR, 2022). Zudem ist der Anbau von Getreide eine wichtige Einkommensquelle, da Tierhaltung und Pflanzenanbau auf biologisch wirtschaftenden Betrieben eng miteinander verbunden sind.
Die pflanzenbauliche Produktion in Luxemburg spielt für die direkte menschliche Ernährung generell eine geringe Rolle. Der für die Futtermittelproduktion genutzte Anteil der Ackerfläche liegt bei etwa 75 % (MAVDR 2023). Dies führt zu einem Nutzungskonflikt zwischen der Produktion von Nahrungsmitteln für die direkte Humanernährung und dem Anbau von Futtermitteln für die Erzeugung tierischer Nahrungsmittel. Diese sind wiederum für den menschlichen Verzehr bestimmt, doch die Umwandlung von pflanzlicher Nahrung in tierische Nahrungsmittel unterliegt großen Umwandlungsverlusten (Schader et al. 2015), Wasserverbrauch und Treibhausgasemissionen.
Der hohe Anteil von Flächen für den Anbau von Futter zeigt sich auch in der Lebensmittelproduktion Luxemburgs (Statec, 2023b). Gemüse und Obst werden überwiegend importiert, denn lediglich 26 Betriebe produzieren Obst und Gemüse. Dies spiegelt sich im geringen Selbstversorgungsgrad Luxemburgs für diese Produkte wider: Im Jahr 2018 lag der Selbstversorgungsgrad für Äpfel bei 19,2 %, für Möhren und Rüben bei 10,4 %. Für Salate und Chicorée betrug der Selbstversorgungsgrad lediglich 7,9 % (FAOStat, 2023; IBLA, eigene Berechnung). Dabei spielen lange Transportwege, Kühlketten und Haltbarmachung der Produkte eine nicht unerhebliche Rolle für die Treibhausgasemissionen. Für eine lokale Produktion von Lebensmitteln muss jedoch gewährleistet werden, dass die Rohstoffe innerhalb Luxemburgs zu Produkten verarbeitet werden, welche die Erwartungen der VerbraucherInnen erfüllen oder bestenfalls übertreffen, um gekauft zu werden. Dennoch, aufgrund der höheren Preise der luxemburgischen Erzeugnisse bedingt durch die höheren Produktions- und Personalkosten sowie höherer Umweltauflagen im Vergleich zu anderen Produktionsländern gestaltet sich der Absatz luxemburgischer Lebensmittel teils schwierig.

Mit 240 Betrieben ist der Weinbau ein wichtiger Teil der landwirtschaftlichen Produktion in Luxemburg und er prägt das Landschaftsbild Foto: IBLA
Der Weinbau stellt einen weiteren relevanten Bestandteil der luxemburgischen Landwirtschaft dar (240 Betriebe) und produziert neben Weinen basierend auf u.a. Rivaner, Auxerrois, Pinot blanc und Pinot gris auch den auf diesen Rebsorten basierenden und in Luxemburg begehrten Crémant.
Klima und Boden
Historisch gesehen nutzt Vieh für den Menschen ungenießbare Materialien wie Gras als protein- und energiereiche Nahrung. Somit konnte das Grünland effektiv genutzt und der anfallende Mist und Gülle als wertvoller Dünger genutzt werden. Heute hat sich die Tierhaltung intensiviert und ist auf die Futtermittelproduktion auf Ackerland angewiesen (Leip et al. 2015). Die Umwandlungsverluste der pflanzlichen Futtermittel in tierische Lebensmittel stehen im engen Zusammenhang mit den Klimaauswirkungen der Nutztiere im Agrarsektor. Allein die Viehhaltung ist für fast drei Viertel der lebensmittelbedingten Emissionen in der EU verantwortlich (Sala und Castellani 2019).
Die Landwirtschaft ist im Gegensatz zu den meisten anderen Sektoren eine direkte Quelle von Treibhausgasemissionen, einschließlich enterischer Fermentation (Methan, das von Wiederkäuern beim Verdauungsprozess freigesetzt wird), Methan und Lachgas aus der Güllebewirtschaftung und dem Bodenmanagement. Die Emissionen aus der Bodenbewirtschaftung im Pflanzenbau hängen stark von Düngemittelanwendungen und Bodenbearbeitungspraktiken ab. Insgesamt betrugen die direkten, biogenen Emissionen aus der Landwirtschaft im Jahr 2022 7,86 % der Gesamtmenge der Treibhausgasmissionen in Luxemburg (MECDD 2022) und stellen den größten Sektor für Treibhausgasemissionen in Luxemburg noch vor den industriellen Emissionen dar (exklusive Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF)). Dennoch: in den vergangenen Jahrzehnten (1990-2020) sind die Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft absolut um 0,78 % gesunken.
Die Landwirtschaft trägt nicht nur zu den Treibhausgasemissionen bei, sondern ist auch selbst stark von deren Auswirkungen betroffen. Der Anstieg der Jahresdurchschnittstemperatur hat eine verlängerte Vegetationsperiode zur Folge, eine Zunahme der Sommertage (Maximaltemperatur > 25°C) und höhere Temperaturen über die Wintermonate, die in weniger Frosttagen resultieren (OPC 2023). In der Periode 1990-2021 war es im Süden bereits 1,5°C wärmer als im Zeitraum 1961-1990. Dies wiederum bewirkt u.a. ein verstärktes Auftreten von wärmeliebenden Schadinsekten und Unkrautarten. Auch Ertragsausfälle bei Winterungen wie beispielsweise Winterweizen oder Winterackerbohnen, aber auch Wein und Obst durch fehlende Blütenausbildung während der Kälteperiode und ein erhöhtes Früh- und Spätfrostrisiko können auftreten. Durch den Klimawandel kann es zu geringeren Niederschlägen in den Sommermonaten und vermehrten Niederschlägen in den Wintermonaten kommen: Gerade im luxemburgischen Süden zeigten die Niederschläge im Beispieljahr 2021 im Vergleich zur Referenzperiode 1991-2020 eine Anomalie von mehr als 100 mm, positive und negative Abweichungen zusammengezählt, und waren damit deutlich höher als im Rest des Landes (MAVDR 2022). In den vergangenen Jahren ließ sich bereits vor allem in den Sortenprüfungen für Sommer- und Wintergetreide (Weizen, Roggen, Gerste, Triticale und Dinkel), Körnerleguminosen (Erbsen, Ackerbohnen, Soja und Lupine) und bei Kartoffeln und Mais sehen, welche Auswirkungen die veränderten Bedingungen mit vermehrter Trockenheit im Sommer auf die Erträge und die Gesundheit der Pflanzen haben.
Extremwetter- und Starkregenereignisse nehmen zu, damit steigt das Risiko von Bodenerosion und damit die Auswaschung von Bodenmaterial vor allem an Hängen beachtlich. Die vermehrt aufkommenden Trockenperioden nehmen zu, was einen negativen Einfluss auf die Ertragssicherheit hat. Durch die niedrigeren Sommerniederschläge kommt es zu einer verminderten Pflanzenverfügbarkeit von Nährstoffen in ausgetrockneten Böden; die erhöhten Niederschläge im Winter bedingen eine Zunahme des Auswaschungsrisikos für Stickstoffverbindungen. All dies erfordert ein Umdenken in der Landwirtschaft und eine enge Zusammenarbeit von Forschung und Praxis: Welche, möglicherweise noch nicht heimischen Kulturen können angebaut werden? Welche Bodenbearbeitung und welches Management führt zu einer effektiven Reduktion von Beikräutern und Schädlingen? Welche bestehenden und neuen Züchtungen kommen mit den sich verändernden Bedingungen zurecht?
Die vergleichsweisen trockneren und wärmeren Bedingungen im luxemburgischen Süden treffen auf eine Vielzahl unterschiedlicher Böden. Bedingt sind diese durch das kleinräumige nebeneinander sehr unterschiedlicher Gesteine in der Schichtstufenlandschaft Süd-Luxemburgs. Es handelt sich überwiegend um Sedimentgesteine aus den erdgeschichtlichen Abschnitten Trias und Jura. Diese Gesteine sind somit etwa 250 bis 180 Millionen Jahre alt. Gesteine stellen bekannterweise den Ursprung der Bodenentwicklung dar. Es entwickelten sich sehr leichte, sandige, aber auch sehr schwere, tonige Böden. Die Erstgenannten bildeten sich überwiegend auf und über dem Luxemburger Sandstein und sind heute maßgeblich in den Plateaulagen zu finden. Die letztgenannten entstanden hauptsächlich aus Kalken und Mergeln und sind in weiten Teilen des Südens und an der Mosel anzutreffen. Die unterschiedliche Körnung und weitere Bestandteile der Ausgangsgesteine führten weiterhin zu einer differenzierten Bodenbildung. Die sandigeren Standorte entwickelten sich häufig zu Braunerden wohingegen auf den tonigen Standorten Parabraunerden anzutreffen sind. Leider ist das in Luxemburg verwendete System zur Einordnung von Böden nicht sonderlich effektiv, um die Fülle an unterschiedlichen Merkmalen der Böden adäquat abzubilden. Nutzt man das internationale System so würden sich kleinräumig u.a. Arenosole, Regosole, Leptosole Cambisole, Luvisole, Vertisole, Planosole und Stagnosole finden.
Die klimatische Gunstlage des Südens von Luxemburg (Gutland!) könnte sich im weiteren Verlauf des Klimawandels stark verändern. Höhere Temperaturen und die beschriebenen sehr leichten und sehr schweren Böden kombiniert mit prognostiziert und schon beobachtbar trockeneren Frühjahren und Sommern und nassen Winterhalbjahren werden die landwirtschaftliche Nutzung dieser Böden herausfordernder machen. Bereits in den vergangenen Jahren war der Anbau von Sommerkulturen schwierig und es wurden vermehrt Winterkulturen angesät, die bereits die Feuchtigkeit im Frühjahr für das Wachstum nutzen können. Langfristig muss sicherlich über andere, wärmeliebende und trockentolerante Pflanzenarten wie beispielsweise Hirsearten und Kichererbsen nachgedacht werden. Ebenso muss die Bodenbewirtschaftung angepasst werden. Auf den ersten Blick einfache Veränderungen, die aber in der Praxis viel Know-how, Absatzmärkte und Willen zum Ausprobieren mit ungewissem Ausgang erfordern. Hier spielen die nationalen Sortenprüfungen für die landwirtschaftlichen Betriebe eine wichtige Rolle, liefern diese doch die notwendigen Informationen zur Auswahl von, an die klimatischen und pedologischen Verhältnisse, angepassten Sorten mit zuverlässig guten Erträgen.
Gleichzeitig gibt es im Süden Luxemburgs einen hohen Siedlungsdruck mit entsprechender Flächeninanspruchnahme. Die stark wachsende Bevölkerung von bis zu 1 Mio. Einwohner bis 2050 in Luxemburg führt zu einer steigenden Nachfrage nach Wohnraum und Grundstücken. Gleichzeitig muss es das Ziel sein, landwirtschaftliche Nutzflächen und Waldflächen zu erhalten, die Grünräume in den urbanen Bereichen zu vergrößern und die derzeitige Fläche versiegelten Bodens nicht weiter auszudehnen (Hertweck et al. 2022). Renaturierte Industrieflächen eignen sich in der Regel, schon aufgrund der Schadstoffbelastung, nicht für eine landwirtschaftliche Nutzung.
Zukunftsstrategien
Die Reduzierung der Umweltauswirkungen der landwirtschaftlichen Produktion, wie z B. Eutrophierung von Bächen, Flüssen und Seen durch Stickstoffauswaschung oder Gefährdung des Ökosystems durch die Auswirkungen von Pestiziden auf Boden- und Wasserorganismen erfordern eine Trendumkehr der landwirtschaftlichen Intensivierung. Biolandwirtschaft, in der der Einsatz von synthetischen Mineraldüngern und chemisch-synthetischen Pestiziden nicht erlaubt ist, ist eine Möglichkeit, die Umweltauswirkungen auf lokaler Ebene zu verringern (De Ponti et al. 2012). Die Biolandwirtschaft basiert auf einem nachhaltigen Konzept der Landbewirtschaftung und hat zum Ziel, die Belastungsgrenzen der Natur nicht zu überschreiten. Wichtige Punkte sind das Wirtschaften in möglichst geschlossenen innerbetrieblichen Nährstoffkreisläufen und die Nutzung ökologischer Systemzusammenhänge. Durch die Nutzung organischen Wirtschaftsdüngers auf den Ackerflächen, d.h. Gülle, Festmist und Kompost, werden die Humusgehalte der Böden langfristig erhöht. Der Humusaufbau verbessert nicht nur die Bodenqualität, sondern fördert auch das Bodenleben und führt zur dringend benötigten Kohlenstoffsequestrierung. Weiterhin weisen Böden mit höheren Humusgehalten eine größere Wasserspeicherkapazität und weisen eine höhere Ertragsstabilität bei Trockenheit auf. Dennoch hat die biologische Wirtschaftsweise bzw. eine agrarökologische Wirtschaftsweise nah angelehnt an die biologische Landwirtschaft, häufig eine Ertragsreduktion zur Folge, die bis zu 20 % betragen kann. Dieser ‚yield gap‘ (Ertragslücke) erhöht zwangsläufig den Druck auf die Landnutzung bei in Luxemburg schon knappen Ressourcen, insofern sie nicht mit einer Veränderung des Ernährungssystems einhergeht. Modellierungen zeigen jedoch, dass mit biologischer Landwirtschaft die Ernährung sichergestellt werden kann, sofern die Ernährungsweise mit weniger Konsum tierischer Produkte wie Fleisch, Milch und Eiern, angepasst wird, auf den vorhanden Agrarflächen Lebensmittel für die Humanernährung statt Futtermittel angebaut werden und Lebensmittelabfälle deutlich reduziert werden (Müller et al. 2017)
Die zukünftige Entwicklung des luxemburgischen Agrarsystems wird nach dem Verständnis eines agrarökologischen Ansatzes die Reduktion der Futtermittelproduktion sowie einen höheren Anteil an Lebensmittelproduktion und eine damit einhergehende Änderung des Ernährungssystems beinhalten müssen. Trotz des vorhandenen Flächendrucks müssen die bestehenden landwirtschaftlichen Flächen in Luxemburg erhalten werden, um eine regionale Produktion für eine steigende Bevölkerung zu garantieren. Letzteres wird in Zukunft die Verfügbarkeit von Futtermitteln für Nutztiere verringern. Berechnungen zeigen, dass eine graslandbasierte Fütterung, die auf dem vorhanden Dauergrünland sowie dem Anbau von Feldfutter auf den Ackerflächen fußt, eine Reduktion der Rinderzahl um etwa die Hälfte erfordern würde (IBLA, in Hertweck et al. 2022).
Gemeinsam mit dem Lebensmittelsektor und neuen Wertschöpfungsketten für (biologische) Lebensmittel in Luxemburg und der Großregion können möglichst kurze Transportwege realisiert werden, verbunden mit einer hohen Qualität der Lebensmittel. Das Institut fir Biologesch Landwirtschaft an Agrarökologie Luxemburg (IBLA) unterstützt diese Bestrebungen mit vielen unterschiedlichen Projekten im Bereich Forschung, Beratung und Wissenstransfer. Sortenprüfungen helfen den LandwirtInnen bei der Auswahl klimaangepasster, trockenresistenter Sorten. Verschiedenste Kulturen wie Soja, Lupinen, Sorghum oder Rispenhirse werden unter luxemburgischen Bedingungen jährlich an mehreren Standorten auf ihre Anbauwürdigkeit untersucht. Um den Absatz der neuen landwirtschaftlichen Produkte zu garantieren, ist es notwendig, auch die Verarbeitung im Lebensmittelhandwerk und der -produktion sicherzustellen und die Konsumenten mit den neuen Produkten anzusprechen.

Diversifizierung steigert die Resilienz: hier Rechts im Bild: Sorghum Foto: IBLA
Der Aufbau von Wertschöpfungsketten bspw. für Soja, Lupinen oder alte und alternative Getreidesorten sorgen für eine Diversifizierung des Marktes und die Schaffung von Nischenökonomien. So wurden im Jahr 2019 auf Anfrage der Administration Service Technique de l’Agriculture (ASTA) auf vier Bio-Betrieben im Norden des Landes auf insgesamt 17 ha die Bio-Sommerbraugerste Avalon mit dem Ziel angebaut, die Brasserie Nationale S.A. dabei zu unterstützen, das Bio-Bier Funck Bricher auch mit Malz aus luxemburgischer Bio-Braugerste brauen zu können. Neben der Ausarbeitung der Informationsbroschüre „Braugeescht: Vum Kär zum Béier“ wurden die Landwirte von den Beratern des IBLA vom Anbau und der Kulturführung bis hin zur Ernte und Lagerung fachlich unterstützt und begleitet. Als Resultat wurden im Jahr 2020 bereits auf 35 ha Sommerbraugerste angebaut.
Aufgrund des nur geringen Selbstversorgungsgrades in Luxemburg müssen die Voraussetzungen für den Anbau von Gemüse und Obst geschaffen werden. Dies bedeutet im Hinblick auf das Gemüse vor allem die Nutzung guter Böden in Talbereichen für den Anbau sowie die Sicherstellung der Bewässerung in Trockenzeiten. Seit 2010 nimmt die Produktion von Gemüse im Land deutlich zu: eine Steigerung von 990 t auf 3.706 t jährlich, wobei die Produktion von Obst eher stagniert (MAVDR 2023). Minett UNESCO Biosphere hat sich zur Aufgabe gemacht, ökologisch nachhaltige wirtschaftliche und menschliche Entwicklung zu fördern und setzt, neben der Stärkung der regionalen Identität, Umweltbildung und Arterhaltung, einen konkreten Entwicklungsschwerpunkt auf die lokale Lebensmittelproduktion. Erklärtes Ziel ist es, lokale und biologisch-lokale Lebensmittelressourcen in kurzen Kreisläufen zu fördern. Mit „Au Goût du Terroir“ bot Minett gemeinsam mit den anderen luxemburgischen Naturparks eine Gelegenheit, lokale Produkte zu präsentieren, die Bevölkerung für nachhaltige Ernährung zu sensibilisieren und die Begegnung zwischen Fachleuten zu fördern. Eine Verbraucherumfrage von Minett Biosphere und dem Luxemburger Institut für sozioökonomische Forschung (LISER) im Jahr 2021 ergab, dass eine Nachfrage für lokal produzierte Lebensmittel besteht und mehr als die Hälfte der befragten Haushalte regelmäßig lokale Produkte, die aber nicht ausschließlich aus der Südregion stammen, einkaufen. In dieser Studie gaben 40 % der Befragten an, selbst in privaten oder in Gemeinschaftsgärten Obst und Gemüse anzubauen (Minett 2021).
Eine weitere Möglichkeit zur Etablierung von meist Obst- und Gemüseproduktion, Honig und Eiern, ist die solidarische Landwirtschaft, kurz SoLaWi. Es handelt sich hierbei um eine direkte Kooperation zwischen den KonsumentInnen und den LandwirtInnen. Die VerbraucherInnen geben hierbei eine Abnahmegarantie für die Produkte und erhalten diese in Abhängigkeit vom Ertrag. Meist werden die VerbraucherInnen in die Produktion und die Arbeiten auf den Feldern und während der Ernte miteinbezogen. Im luxemburgischen Süden gibt es eine SoLaWi „Vum Gréis“, die neben Obst- und Gemüse auch pädagogische Angebote bereithält. Daneben gibt es in ganz Luxemburg noch sieben weitere SoLaWis, darunter eine für biologisch angebauten Wein und eine für Rind- und Schweinefleischprodukte, die mehrere Bauernhöfe umfasst. Der Escher Geméisguart im luxemburgischen Süden hingegen setzt auf Direktvermarktung seiner Produkte.
„Bongerte“, also Streuobstwiesen mit Hochstammobst, sind ganz typisch für die Region Luxemburg und können die Basis für den Obstanbau sein. Häufig werden diese Flächen mit dem Stichwort „Agroforst“ in Verbindung gebracht. Agroforstwirtschaft, bei der Bäume mit Nutzpflanzen oder Vieh auf derselben Fläche kombiniert werden, sind eine alte Praxis, die angesichts der Herausforderungen durch den Klimawandel erneut an Interesse gewonnen hat (Lehmann et al. 2020). Eine weitere, viel diskutierte, multiple Nutzung der Agrarflächen besteht in der Erzeugung von Agri-PV, also der Stromerzeugung auf den Flächen mittels vertikaler oder horizontaler Solarmodule, die eine, wenn auch reduzierte, landwirtschaftliche Nutzung möglich machen (Fraunhofer 2020).
Es hat sich gezeigt, dass das Thema der nachhaltigen Ernährungs- und Agrarkultur sehr komplex ist und die aktive Einbindung der Bevölkerung in den Nexus „Landwirtschaft – Ernährung – Ökosysteme – Klima“, die Begehung und das Erfahren der verfügbaren Ressourcen für die Ernährung wesentlich für die Aktivierung der Öffentlichkeit sind. Wie ein nachhaltiger Anbau in Luxemburg aussehen kann, die Zusammenhänge zwischen Verbrauchsgewohnheiten, landwirtschaftlicher Fläche und Umwelt- und im Besonderen dem Klimaschutz, werden anhand des Feldes mit einer Fläche von 2000 m2 am Haus vun der Natur[1] von natur&ëmwelt, IBLA und co-labor dargestellt und begehbar gemacht. Der Anbau auf dieser Fläche soll zeigen, dass eine nachhaltige, saisonale Ernährung mit biologisch produzierten Lebensmitteln und gleichzeitigem Schutz von Ressourcen möglich wäre.
Die komplexen ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen im Agrar- und Ernährungssystem bedürfen einer ganzheitlichen Herangehensweise und Lösungsfindung. Dabei spielt die Forschung für die Entwicklung innovativer Ideen für die Landwirtschaft gemeinsam mit den Praktikern vor Ort eine wesentliche Rolle. Für eine zukunftsfähige, nachhaltige Landwirtschaft müssen die Umweltschäden, inklusive der Treibhausgasemissionen, die durch den Agrarsektor entstehen, sowie die produktionsbezogenen Inputs weiter minimiert werden. Es muss uns jedoch bewusst sein, dass CO2-reduzierende Maßnahmen innerhalb der EU auch immer die Gefahr der Produktionsverlagerung in Drittstaaten birgt (Meyer & Markytan 2022). Um die landwirtschaftlichen Betriebe konkurrenzfähig zur globalen Produktion zu halten, müssen also auch geeignete Maßnahmen getroffen werden, um den Absatz der Erzeugnisse zu garantieren. Stichworte für eine nachhaltige Landwirtschaft sind die Diversifizierung des Anbaus und der Implementierung der notwendigen Wertschöpfungsketten, ein vielfältiges Landschaftsbild, der Naherholungswert, die ökologische Durchgängigkeit, die Förderung der Biodiversität und der Fokus auf einen integrierten Umwelt- und Naturschutz. Viele dieser Leistungen für die Kulturlandschaft werden bereits von den Landwirten erbracht, nicht zuletzt erwirtschaften sie unsere Lebensgrundlage in Form von Rohstoffen und Lebensmitteln.
Autorin: Dr. Sabine Keßler
Bibliographie
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