Dem Klimawandel begegnen und ökonomische Vorteile sichern.
Die landwirtschaftliche Bodennutzung befindet sich in stetigem Wandel und kennt bis dato in vielerlei Hinsicht nur eine Richtung: Größer. So wuchsen insbesondere die Maschinen sowie die Arbeitsbreiten der dazugehörigen Gerätschaften in den letzten Jahrzehnten stetig. Mit größeren Arbeitsbreiten kam unweigerlich der Wandel der landwirtschaftlichen Flächen. Die einst kleinen Flächen wurden zusammengelegt und allein in Luxemburg wurden durch 52 landesweite Flurbereinigungen größere Felder geschaffen, die effizienter bewirtschaftet werden können (ACT 2021). Hierzu wurden vielfach Hecken und Bäume, welche zuvor noch als Flurgrenze dienten, entfernt. Jedoch ging mit der Reduktion dieser Strukturen auch ein Teil der biologischen Vielfalt auf den Feldern verloren, da Habitate und Nahrungsquellen zunehmend fehlten. So sind beispielsweise in den Agrarlandschaften Deutschlands die Vogelbestände im Zeitraum von 2006 bis 2018 um fast 30 % zurückgegangen, die Insektenbiomasse ist in den letzten Jahrzehnten um 76 % gesunken (Planer 2025).
Durch die Förderung von Antagonisten kann der Schädlingsbefall reduziert werden. Auf Grünland schaffen Gehölzstrukturen Schatten für die Nutztiere (Liagre und Duprez 2019). Aber nicht nur für Tiere und Insekten bieten Strukturelemente wie Bäume und Hecken Vorteile. Bäume und Hecken können die Wasserinfiltration in den Boden verbessern, als Erosionsschutz gegen Wind und Wasser wirken, Schadstoffeinträge ins Grundwasser sowie in Oberflächengewässer mindern und die Ackerkulturen vor Wind und Hagel, als auch vor Hitze und Austrocknung schützen. Allesamt Aspekte, die in Zeiten, in denen sich die Landwirtschaft auf die Auswirkungen des Klimawandels vorbereiten muss, von großer Bedeutung sind.
Es stellt sich die Frage, wie man die positiven Effekte von Bäumen und Hecken auf dem Acker und auf den Dauergrünlandflächen nutzen kann, ohne die Bewirtschaftungseffizienz zu mindern, und nach Möglichkeit die Flächenwirtschaftlichkeit zu erhöhen.
Die Antwort auf diese Frage könnte lauten: Anlage von standörtlich angepassten Agroforstsystemen.
Das Ziel von Agroforstsystemen ist es, die genannten ökosystemaren Vorteile mit einer hohen Effizienz der Bewirtschaftung zu verbinden. Seit dem Kulturjahr 2023-2024 werden Neuanlagen von Agroforstsystemen in Luxemburg durch die AUKM 554 gefördert, mit der Anpflanzungskosten sowie Unterhaltskosten kompensiert werden sollen. Im Rahmen der AUKM 554 werden drei verschiedene Agroforst-Kategorien gefördert. Die Förderbedingungen sind in Tabelle 1 dargestellt.
Tabelle 1: Förderungen für Agroforstsysteme in Luxemburg gemäß AUKM 554 (Quelle: SER 2025, Stand 30.11.2025)
| Kategorien: | AF 1: Wertholzsysteme und hochstämmige Obstbäume | AF 2: Kurzumtriebssysteme in Form von Streifen | AF 3: Strukturreiche (Baum-) Hecken |
| Anpflanzungs- prämie: | ◾80 % der Kosten für die Setzlinge, ◾Anpflanzung, Installation von Schutzvorrichtungen vor Verbiss (max. 70 € pro Setzling) | ◾80 % der Kosten für die Setzlinge, ◾Anpflanzung (max. 900 € pro ha) ◾80 % der Kosten für die Installation eines Zauns (max. 10 €/m) | ◾80 % der Kosten für die Setzlinge, ◾Anpflanzung, Installation von Schutzvorrichtungen vor Verbiss (max. 2500 € pro ha) ◾80 % der Kosten für die Installation eines Zauns (max. 10 €/m) |
| Unterhaltsprämie: | 10 € pro Baum | 60 €/ha Anpflanzung | 180 €/ha Anpflanzungszone |
| Bedingungen: | ◾Auf Acker-, Dauergrünland- oder Dauerkulturflächen ◾20-150 Bäume/haMin. ◾10 m² Anpflanzungsfläche ◾mind. 4 Meter breite Agroforststreifen | ◾Auf Ackerlandflächen ◾Größe der Anpflanzungsstreifen: 3-10 Ar | ◾Auf Acker-, Dauergrünland- oder Dauerkulturflächen ◾3-50 % Anpflanzungsfläche an der landwirts. Nutzfläche ◾Min. 3 Holzarten ◾Min. 5 Setzlinge pro Art |
Für landwirtschaftliche Betriebe stellt sich die Frage, ob sich die Integration von Agroforstsystemen auch betriebswirtschaftlich auszahlt. Zur Beantwortung dieser Frage wurden die Ackerflächen von zwei landwirtschaftlichen Betrieben in Form von Agroforststreifen gemäß AUKM 554 überplant (vgl. Tabelle 1). Die geplanten Agroforststreifen erfüllen grundsätzlich die Rahmenbedingungen der AUKM 554. Je nach Kategorie wurden lediglich die vorgesehenen Baum- oder Heckenpflanzungen innerhalb der Agroforststreifen angepasst, um den Vorgaben der jeweiligen Förderkategorie zu genügen (vgl. Tabelle 2).
Der Fokus der Integration von Agroforststreifen lag auf einer praxisnahen, agronomisch sinnvollen Überplanung bestehender Schläge, sodass die entstehenden Erschwernisse in der Flächenbewirtschaftung klein gehalten und die Flächen weiterhin effizient genutzt werden können.
Zur Veranschaulichung einer effizienten Planung dient modellhaft Abbildung 1. Der Feldschlag weist eine Länge von 200 Metern bei einer Breite von 100 bzw. 130 Metern auf. Sie liegt an einem westexponierten Hang bei einer mittleren Neigung von 8 %.

Abbildung 1: Schematische Darstellung eines Feldes und Integration von zwei Agroforst-Streifen Quelle: Christian Kirsch
Auf dem in Abbildung 1 dargestellten Feldschlag werden zwei Agroforststreifen von je vier Metern Breite im Abstand von 27 Metern zueinander vorgesehen. Erstgenannte Breite ergibt sich aus den Vorgaben der AUKM 554, gemäß der mindestens zwei Meter Bewirtschaftungsabstand an beiden Seiten von Agroforstanpflanzungen einzuhalten sind. Der Abstand zwischen den Agroforststreifen wird den betrieblichen Bedürfnissen angepasst; insbesondere der Maschine mit der größten Arbeitsbreite. Hierbei handelt es sich üblicherweise um die Pflanzenschutzspritze. Es wurden nur Flächen mit Agroforstsystemen überplant, bei denen es arbeitswirtschaftlich sinnvoll möglich ist. So wurden beispielsweise sehr schmale Flächen und solche, bei denen die Regularien der AUKM 554 nicht eingehalten werden können, nicht mit Agroforststreifen überplant.
Vor den wirtschaftlichen Überlegungen lässt sich festhalten, dass die Etablierung von zwei Agroforststreifen auf dieser Fläche die Wasser-Erosionsgefährdung durch die kürzeren Hanglängen deutlich reduziert. Durch die Nord-Süd-Ausrichtung der Agroforststreifen wird zudem das offene Gelände in Hauptwindrichtung unterbrochen, wodurch die Erosionsgefährdung durch Wind, die in den nächsten Jahrzehnten deutlich ansteigen soll, gemindert wird. Ein resultierender, gleichmäßiger Schattenfall schützt vor Trockenheit, erlaubt eine gleichmäßige Abreife der Ackerkultur und kann helfen, Erträge stabil zu halten (Markut et al. 2021).
Anhand der Überplanung wurden für zwei reale Betriebe, aus Datenschutzgründen hier als Betrieb A (durchschnittliche Flächengröße: 3,2 ha) und Betrieb B (durchschnittliche Flächengröße: 2,1 ha) bezeichnet, Kostenberechnungen für die drei gemäß AUKM 554 förderfähigen Agroforstkategorien durchgeführt.
Für die Kategorie 1 wurden zwei Optionen berechnet: Zum einen ein System ohne spezifische Boden-Bewirtschaftung der 4 Meter breiten Agroforststreifen und einmal die Integration von Blühstreifen gemäß Ökoregelung 513, die nach Auskunft des SER mit der AUKM 554 kombinierbar ist. Vereinfachend wurde für die Berechnung angenommen, dass Weizen als Ackerfrucht auf den Feldern angebaut wird. Die direktkostenfreie Leistung für den Weizenanbau wurde mittels einer Durchschnittsberechnung der direktkostenfreien Leistungen der Jahre 2019-2023 (SER 2024) ermittelt. Erlöse aus Baumfrüchten und aufwachsenden Hölzern (AF1), sind bei den Berechnungen der Gewinne aktuell nicht berücksichtigt, da Abschätzungen der Marktpreise, insbesondere für Werthölzer, die folgende Generationen ernten werden, nicht abschätzbar sind. Im Gegensatz hierzu wurden die Gewinne aus der Hackschnitzelerzeugung (AF2) einbezogen, da hierfür Marktpreise verfügbar sind und die Umtriebszeit mit 10 Jahren recht kurz ist.
Die Kostenberechnungen aller drei Agroforstkategorien wurden jeweils mit einer 30-jährigen Laufzeit durchgeführt. Die Reduzierung der bewirtschaftbaren Ackerfläche durch die Baum- oder Heckenstreifen wurde berücksichtigt. In Tabelle 2 werden die genaue Pflanzplanung und die zu berücksichtigenden Kosten und Erlöse für die Kostenberechnungen dargestellt:
Tabelle 2: Einflussfaktoren der verschiedenen AF-Kategorien für die Kostenberechnung.
| AF 1: Wertholzsysteme und hochstämmige Obstbäume | AF 2: Kurzumtriebssysteme in Form von Streifen | AF 3: Strukturreiche (Baum-) Hecken |
| Bepflanzung | ||
| ◾Walnussbäume ◾Pflanzabstand: 10 m | ◾Zitterpappeln, Graupappeln* ◾Pflanzabstand: 2 m ◾Umtriebszeit: 10 Jahre | ◾Holunder, Liguster, Hundsrose, ◾Feldahorn, Vogelkirsche ◾4 Heckenpflanzen pro lfm ◾Alle 20 m ein Baum |
| Berücksichtigte Kosten und Erlöse | ||
| ➖Anpflanzungskosten ➖Etablierungskosten ➖Unterhaltskosten ➕DKL Weizen ➕Förderprämien AF ➖(Anpflanzungskosten Blühstreifen) ➕(Förderprämien Blühstreifen) | ➖Anpflanzungskosten ➖Etablierungskosten ➖Unterhaltskosten ➖Erntekosten Kurzumtriebsplantage ➕DKL Weizen ➕Förderprämien AF ➕Erlöse Hackschnitzel | ➖Anpflanzungskosten ➖Etablierungskosten ➖Unterhaltskosten ➕DKL Weizen ➕Förderprämien AF |
* In der Planung wurden Zitter- und Graupappeln berücksichtigt, da derzeit keine Hybridsorten in der gültigen Zulassungsliste der AUKM 554 aufgeführt sind. Nach Informationen des SER ist jedoch davon auszugehen, dass künftig auch Hybridsorten zugelassen werden.
In Tabelle 3 sind vergleichend die Gewinne der drei Agroforstkategorien für die beiden überplanten Betriebe dargestellt.
Die Anlage von Agroforststreifen der Kategorie 1 führt dazu, dass beide Modellbetriebe höhere Gewinne erwirtschaften als durch die reine Ackernutzung (Tabelle 3). Die Gewinne steigen um 30 € bis 154 € je Hektar, wobei insbesondere die Integration von Blühstreifen die Gewinne positiv beeinflusst. Vergleicht man beide Modellbetriebe, so wird deutlich, dass größere Flächen sich positiver auf die Wirtschaftlichkeit auswirken als Kleinere. Ursächlich hierfür ist die effizientere Anlage der Agroforstsysteme der Kategorie 1. Dieser Umstand ist äußerst positiv zu bewerten, da größere Flächen hinsichtlich Bodenschutz und Habitatfunktion nachteilig gegenüber kleineren Flächen wirken und somit insbesondere deren ökologische Aufwertung fokussiert werden sollte.
Tabelle 3: Gewinne der drei AF-Kategorien auf Ackerland.
| Winterweizen ohne Agroforst | Kategorie 1 ohne Blühstreifen | Kategorie 1 mit Blühstreifen | Kategorie 2 | Kategorie 3 | |
| Betrieb A | 843 €*a/ha | 914 €*a/ha | 997 €*a/ha | 773 €*a/ha | 698 €*a/ha |
| Betrieb B | 843 €*a/ha | 873 €*a/ha | 910 €*a/ha | 812 €*a/ha | 779 €*a/ha |
Bei den Kategorien 2 und 3 verringern sich die Gewinne gegenüber einer Nutzung ohne Integration von Agroforstsystemen, weshalb sie sich rein wirtschaftlich betrachtet unter der aktuellen Förderkulisse nicht lohnen. Ursächlich hierfür sind die (zu) niedrigen Unterhaltsprämien für die Kategorien 2 und 3 bei hohen realen Kosten und das Fehlen der Kombinationsmöglichkeiten mit anderen Programmen.
Die hier vorgestellten Zahlen basieren auf konservativen Berechnungen, da zusätzliche Erlöse durch den Verkauf der Baumfrüchte (z.B. Walnüsse) nicht berücksichtigt wurden, aber eine weitere Einnahmequelle für die Betriebe bedeuten können. Diese Diversifizierung der betrieblichen Einnahmequellen kann auch zu einer geringeren Sensitivität des Betriebs für Schwankungen des Markpreises führen.
Agroforstsysteme verbinden ökologische mit ökonomischen Vorteilen, indem vorteilhafte Gehölzstrukturen auf Ackerflächen integriert werden. Agroforstsysteme sind eine interessante Alternative zur „klassischen“ Feldbewirtschaftung. Ihre Anlage ist eine langfristige, oft generationenübergreifende Entscheidung. Für die Landwirtschaft ist es wichtig, dass es eine langfristige Sicherheit (über das Ende des Agrargesetzes 2023-2027 hinaus) hinsichtlich der Förderungen gibt. Ohne diese tragen sich Agroforstsysteme ökonomisch aktuell nicht. Gleichzeitig werden seitens Landwirtschaft die indirekten Vorteile hinsichtlich Klimawandelanpassung, Bodenschutz und Biodiversitätsförderung aktuell nicht adäquat wertgeschätzt.
AutorInnen: Christian Kirsch, Lisa Zenners (Naturpark Our), Thorsten Ruf (IBLA)
